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Einführung zur Neumarkter Nachhaltigkeitsstrategie

 

1. Nachhaltigkeit ist nicht immer nachhaltig – Begriffsklärung

Nachhaltigkeit ist ein oft verwendeter Begriff. Leider wird dieser nicht immer korrekt oder oftmals auch zweideutig verwendet. Manchmal kommt es sogar vor, dass nicht nachhaltige Handlungsweisen als nachhaltig bezeichnet werden. Das liegt schlichtweg daran, dass der Begriff „Nachhaltigkeit“ eine zeitliche und eine inhaltliche Bedeutung hat.

„Nachhaltig“ heißt laut Duden zum einen „sich auf längere Zeit stark auswirkend“. Wenn aber etwas aus zeitlicher Perspektive heraus nachhaltig ist, heißt das noch lange nicht, dass damit auch die inhaltliche Nachhaltigkeit gemeint ist. Wenn zum Beispiel nach Angaben des Statistischen Bundesamts die Siedlungs- und Verkehrsfläche in Deutschland von 1992 bis 2016 um 8.949 km² bzw. 22,2 % angestiegen ist, wirkt sich das „auf längere Zeit stark aus“, ist also „nachhaltig“. Vormals landwirtschaftlich genutzte Flächen, Wald oder sonstige naturnahe Gebiete gehen verloren. Dadurch wird nach Umweltbundesamt die natürliche Bodenfruchtbarkeit zerstört und eine zukünftige (Wieder-) Nutzung für die Land- und Forstwirt-schaft behindert. Versiegelte Flächen verlieren ihre Fähigkeit zur Regulierung des Mikroklimas und können im Sommer keinen Beitrag mehr zur Milderung der Überhitzung in Städten in Zeiten des Klimawandels leisten. Auch die Artenvielfalt wird beeinträchtigt, da durch die neuen Siedlungs- und Verkehrsflächen Landschaften zerschnitten und die Lebensräume kleiner werden. Eine derartige nachhaltige Veränderung ist also nach inhaltlichem Maßstab ganz und gar nicht nachhaltig.

 

Das Beispiel zeigt, dass es entscheidend ist, den Begriff Nachhaltigkeit in seiner inhaltlichen Bedeutung zu betrachten. Das ist laut Duden „ein Prinzip, nach dem nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren, künftig wieder bereitgestellt wer-den kann“. Genau diese Definition ist in der Neumarkter Nachhaltigkeitsstrategie  gemeint, wenn „Impulse für die nachhaltige Stadt“ gegeben werden. Genauer noch - es geht um die nachhaltige Entwicklung der Stadt Neumarkt i.d.OPf.

Der Begriff der „nachhaltigen Entwicklung“ ist keine neue Erfindung. Schon die  Brundtland-Kommission definierte 1987: „Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.“

Im Lexikon der Nachhaltigkeit der Industrie- und Handelskammer Nürnberg für Mittelfranken werden weitere Bezeichnungen für die „Nachhaltige Entwicklung“ (engl. Sustainable Development) aufgeführt, darunter u.a. die dauerhaft umweltgerechte, die ökologisch-dauerhafte, die zukunftsverträgliche oder die zukunftsfähige Entwicklung.

 
2. Zielsetzung und Aufbau der Neumarkter Nachhaltigkeitsstrategie

Die Neumarkter Nachhaltigkeitsstrategie hat das Ziel, Diskussions- und Entscheidungsprozesse zu befördern und in Gang zu setzen, um für die Stadt Neumarkt i.d.OPf. wichtige Weichen zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung bis zum Jahr 2030 zu stellen. Auch wenn die Neumarkter Nachhaltigkeitsstrategie keine Einzelentscheidungen und Einzelbeschlüsse im Stadtrat ersetzen kann, soll sie als Impulsgeber und in gewisser Weise als Rahmen und Kompass für heutige und zukünftige Maßnahmen und Projekte gelten.

Im Kern geht es um 8 Schwerpunktthemen bzw. Handlungsfelder, die zwar nicht die Gesamtheit der nachhaltigen Entwicklung abdecken können und sollen. Es handelt sich allerdings um die Handlungsfelder, die sich im Zuge des sogenannten Agenda 21-Prozesses seit 2002 in der Stadt Neumarkt i.d.OPf. herauskristallisiert haben.

Jedes Handlungsfeld wird nach folgenden Inhalten untergliedert:

o Übergeordneter (Referenz)-rahmen
o Leitbild und Leitsätze
o Vision 2030
o Stand der bisherigen Umsetzung
o Handlungsschwerpunkte für die nachhaltige Entwicklung bis zum Jahr 2030


3. Methodik der Erstellung der Neumarkter Nachhaltigkeitsstrategie

Mit dem aus dem Stadtleitbild abgeleiteten seit Mitte 2017 prozesshaft angelegten Projekt „Impulse für die nachhaltige Stadt“, sind anhand definierter Schwerpunkte einer nachhaltigen Entwicklung in Neumarkt neue Impulse durch ein Bürgerbeteiligungsverfahren aufgegriffen worden. Dieses Verfahren umfasste die Diskussion von Leitsätzen, die Ideensammlung von neuen Maßnahmen sowie das Abfragen einer konkreten Mitwirkung bei vorhandenen und geplanten Maßnahmen. Hierzu ist im September 2017 eine Bürgerbroschüre an alle Haushalte in Neumarkt verteilt worden.

Broschüre Titel

Durch einen zeitlich überschaubaren und konzentrierten Beteiligungsprozess mit vier Bür-gerkonferenzen im Oktober und November 2017, der mit einem Online-Tool unterstützt bzw. begleitet wurde, sind Bürgerinnen und Bürger mit neuen Ideen erreicht worden. Durch ein eigenes Format von Zukunftswerkstätten sowie einer Kinder- und Jugendkonferenz sind auch Kinder und Jugendliche mit eingebunden worden. Ergänzt wurden die Bürgerkonferenzen um eine Unternehmerkonferenz in Kooperation mit IHK und Kreishandwerkerschaft. Ferner wurde ein Fragebogen an alle Ämter der Stadtverwaltung sowie an die Stadtwerke geschickt, mit dem aktuelle und geplante Maßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung erfasst wurden. Alle Ergebnisse aus den Beteiligungskonferenzen sowie der verwaltungsinternen Erfassung wurden schließlich im Amt für Nachhaltigkeitsförderung ausgewertet und in das vorliegende Format der Nachhaltigkeitsstrategie übertragen.

 

 

4. Agenda 2030: Die nachhaltigen Entwicklungsziele als globaler Rahmen

Die Vereinten Nationen haben Ende September 2015 die Agenda 2030 beschlossen, die ei-nen neuen globalen Rahmen für die nachhaltige Entwicklung darstellt. Mit den 17 sogenannten Sustainable Development Goals (SDG`s), d.h. den Zielen der nachhaltigen Entwicklung, besteht ein umfassender Rahmen, der auch auf der Ebene der Städte und Gemeinden eine hohe Relevanz hat.

Vor allem folgende Ziele der Agenda 2030 richten sich an die kommunale Ebene:
- Städte und Siedlungen sicher, widerstandsfähig und nachhaltig machen
- Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und zeitgemäßer Energie für alle sichern
- eine belastbare Infrastruktur aufbauen, inklusive und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen
- Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen. 

Der Deutsche Städtetag stellt gemeinsam mit dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas/Deutsche Sektion für seine Mitgliedstädte die Musterresolution "2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung: Nachhaltigkeit auf kommunaler Ebene gestalten" zur Verfügung. Darin können Städte ihre Bereitschaft signalisieren, sich für ausgewählte Themen der Nachhaltigkeit zu engagieren und im Rahmen ihrer Möglichkeiten entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Das können Maßnahmen der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit vor Ort sein, kommunale Strategien für ein Nachhaltigkeitsmanagement oder kommunale Partnerschaftsnetzwerke.

 

Die nachhaltigen Entwicklungsziele

 

Die Leitmotive der Agenda 2030

- Armut und Hunger beenden und Ungleichheiten bekämpfen
- Selbstbestimmung der Menschen stärken, Geschlechtergerechtigkeit und ein gutes und gesundes Leben für alle sichern
- Wohlstand für Alle fördern und Lebensweisen weltweit nachhaltig gestalten
- Ökologische Grenzen der Erde respektieren: Klimawandel bekämpfen, natürliche Le-bensgrundlagen bewahren und nachhaltige nutzen
- Menschenrechte schützen – Frieden und Rechtsstaatlichkeit fördern
- Eine neue globale Partnerschaft aufbauen

(Quelle: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Der neue Zukunftsvertrag für die Welt, Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung).


Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie

Auch in der Fortschreibung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie 2016 wird die Agenda 2030 zur Grundlage nachhaltigen Handelns erklärt. Hier heißt es: „Für die Bundesregierung ist die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung grundlegendes Ziel und Maßstab des Regierungshandelns. Die Bundesregierung hat sich zur ambitionierten Umsetzung der Agenda 2030 verpflichtet.“ Zur Rolle der Kommunen wird hier weiterhin ausgeführt: „In der föderalen Ordnung Deutschlands liegen die Rechtssetzungs- bzw. Durchsetzungskompetenzen in wichti-gen Bereichen nachhaltiger Entwicklung bei den Ländern und Kommunen. Die Nachhaltigkeitsstrategie schafft Mechanismen und einen Rahmen für eine bessere Koordination von Maßnahmen für eine nachhaltige Entwicklung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Der Bund arbeitet eng mit den Ländern zusammen und unterstützt die kommunale Ebene dabei, einen Beitrag zur Umsetzung der Agenda 2030 zu leisten.“


5. Nachhaltige Entwicklung in der Stadt Neumarkt i.d.OPf.

Nach einem einstimmigen Stadtratsbeschluss 2002 wurde in den beiden Folgejahren bis 2004 erstmalig ein Stadtleitbild erstellt. Dieses Stadtleitbild, das im Jahre 2010 fortgeschrieben wurde, hat das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung zugrunde gelegt. Der Stadtleitbildprozess mit zahlreichen Bürgerkonferenzen, Fachforen und Projekten hat schließlich dazu geführt, dass Nachhaltigkeitsthemen im Jahre 2012 in einem eigenen „Amt für Nachhaltigkeitsförderung“ bei der Stadt Neumarkt i.d.OPf. gebündelt worden sind. Die Gründung dieses Amtes war die Konsequenz aus einem rund 10 Jahre andauernden Prozesses, bei dem insbesondere das Bürgerhaus als Beteiligungsplattform eine zentrale Rolle spielte. Mit der Gründung des Amtes für Nachhaltigkeitsförderung wurden auch konkrete Handlungs-schwerpunkte zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung in Neumarkt definiert. Diese Handlungsfelder haben sich aus der Praxis heraus entwickelt. Die Neumarkter Nachhaltig-keitsstrategie baut also auf das Stadtleitbild auf, legt den Fokus allerdings deutlich auf Nachhaltigkeitsthemen, die der Definition in Punkt 1 genügen.

Im Amt für Nachhaltigkeitsförderung lassen sich grundlegend zwei Arbeitsbereiche unter-scheiden: Zum einen ist es das Bürgerhaus als Mehrgenerationenhaus mit den zahlreichen Aktivitäten, Akteuren, Veranstaltungen und Angeboten im sozialen Bereich, zum anderen ist es die Nachhaltigkeitsförderung im engeren Sinne mit den verschiedenen Projekten und Maßnahmen zu den Schwerpunkten wie Klimaschutz, Fairer Handel sowie Bildung für nachhaltige Entwicklung. Die Bezeichnung des Amtes ist bewusst so gewählt worden, weil Nachhaltigkeit als Querschnittsthema in viele Bereiche der Stadtentwicklung hineinwirkt und das Amt für Nachhaltigkeitsförderung neben eigenen Projekten auch unterstützend und ver-netzend innerhalb der Stadtverwaltung tätig ist. Ein Beispiel hierfür ist die nachhaltige öffentliche Beschaffung vom fair gehandelten Kaffee bis zum E-Dienstfahrzeug. Auf der anderen Seite haben die Ämter und die Stadtwerke eigene Maßnahmen zur Umsetzung und Förde-rung der nachhaltigen Entwicklung ergriffen. Beispielhaft sind hier aufzuführen (Erhebung März 2018, ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Im Bereich Energie:
- Energiemanagement im Rathaus und bei den eigenen Liegenschaften
- Energieautarke Kläranlage
- Stadteigene Photovoltaikanlage am Bahndamm in Pölling
- Umrüstung der öffentlichen Beleuchtung auf LED, sowohl Straßenbeleuchtung als auch Schul- und Hallenbeleuchtung oder in der Stadtbibliothek
- Kraft-Wärmekopplungsanlagen und Nahwärmenetze der Stadtwerke
- Ökostromtarif der Stadtwerke

Im Bereich Stadtentwicklung, Mobilität und Bauen:
- Umsetzung des Städtebaulichen Entwicklungskonzeptes
- Umsetzung des Gesamtverkehrsplans
- Bauberatung bzgl. nachhaltigem Bauen

Im Bereich Wasser und Abwasser:
- Schutz des Grundwassers durch Dichtigkeitsprüfungen privater Grundstücksent-wässerungsanlagen
- Sanierungskonzept für öffentliche Kanäle
- Vorsorgemaßnahmen bzgl. Extremwetterereignissen (z.B. Regenrückhaltebe-cken)

Im Bereich Natur und Landschaft
- Landschaftsplanung und Ökokonto
- Baumpflanzungen und Stadtbegrünung

Im Bereich Beschaffung:
- E-Fahrzeugflotte mit mittlerweile acht Fahrzeugen
- Versorgung der eigenen Liegenschaften der Stadt Neumarkt i.d.OPf. mit Ökostrom
- Nachhaltige, faire Beschaffung für verschiedene Produktgruppen (z.B. Papier, Büro- und EDV-Geräte, Textilien, Geschenke, Werbeartikel, Kaffee, Catering)

Im Bereich Demographie und Soziales:
- Handlungskonzept zum demographischen Wandel sowie die Herausgabe eines jährlichen Zahlenspiegels zur demographischen Entwicklung Neumarkts
- „Barrierefreie Stadt“ mit z.B. ebenerdigen Zugängen zu Geschäften, Sanierung der Fußgängerzone, barrierefreie Ampelübergänge sowie Gehwegeanpassungen

Im Bereich Bürgerschaftliches Engagement:
- Koordinierung und Anerkennung des ehrenamtlichen Einsatzes in städtischen Einrichtungen und bei städtischen Veranstaltungen
- Vereinsförderung durch Zuschüsse und Beratung

 

 

 

 

Bürgerhaus Neumarkt
Amt für Jugend, Bildung und Soziales
Fischergasse 1, Rathaus IV
92318 Neumarkt i.d.OPf.

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